Der Thüringer Forstverein besucht Estland
Nach einem Schnuppertag in der Hauptstadt Tallinn, in der wir mehrere touristische und historische Highlights genießen konnten, fuhren wir mit einem Reisebus in die großen Privatwälder Estlands und haben uns die Besonderheiten der Bewirtschaftung im Privatwald angeschaut. Der Nachmittag wurde durch eine kurzweilige Burgbesichtigung versüßt. Am zweiten Tag informierten wir uns über den staatlichen Forstbetrieb RMK und die staatlich organisierte Umweltbildung. Ein kleiner Abstecher an die ca. 14° kalte Ostsee des Nationalparks Lahemaa als Abschluss dieses Tages durfte da nicht fehlen.
In Estland ist Birke mit knapp 30 % eine der dominierenden Baumarten, deren Verwendung wir uns am dritten Tag im modernsten Sperrholzwerk anschauen konnten. Zwei Schällinien, eine für Abschnitte bis 17 cm Durchmesser und eine für stärkere Abschnitte sind Teil der Produktion von Multiplexplatten. Das zweite Werk war ein Hobelwerk, in dem aus Schnittholz verkaufsfertige Holzpaneele hergestellt werden, welche auch direkt im Werksverkauf von Privatpersonen (Bestellung über Internet) abgeholt werden können.
Der vierte Tag war der universitären forstlichen Bildung gewidmet. An der Universität für Umweltwissenschaften in Tartu mit seinem „grünen“ Campus konnten wir uns davon überzeugen, welchen hohen Stellenwert die Hochschulbildung in Estland genießt. Mit einer herausragenden technischen Ausstattung für Forschung und Lehre werden Studierende im von der Hochschule selbst bewirtschafteten Lehrwald ausgebildet und mit Forschungsmaterial versorgt. Der 6.000 ha große Lehrwald umfasst auch eine Primärwaldparzelle mit Lehrpfad sowie mehrere Messtürme für die Klimaforschung.
Den krönenden Abschluss bildete der Berufsschulstandort Luua, an dem die grünen Lehrberufe (Forstwirt, Harvesterfahrer, Forwarderfahrer, Baumpfleger, Landschaftspfleger, Gärtner, etc.) ausgebildet werden und Erwachsenenfortbildung, z.B. zum Naturführer oder Jäger stattfindet Außerdem werden an der Schule die Zertifikatsprüfungen für Forstmaschinenführer, die in Estland arbeiten wollen, durchgeführt.
Auch zu dieser Einrichtung gehören ein bewirtschafteter Park sowie ein 9.000 ha Wald, eine Baumschule, mehrere Simulatoren und Maschinengespanne, sowie exklusiv ausgestattete Immobilien für die Lehre. Hier konnten wir uns auch in Sachen Digitalisierung der Forstwirtschaft (von der digitalen Karte im Internet, dem Einschlagsauftrag an einen Unternehmer, das Harvestermaß mit GPS-Daten, die Rückung und Polterung bis hin zur Frei-Werk-Lieferung) informieren und uns mit dem Einsatz von Drohnen zur Fördermittelkontrolle weiter in die Materie vertiefen. In Luua haben wir uns auch gebührend bei der Estonian Forest Association, einem Zusammenschluss verschiedener Organisationen (vergleichbar DFWR), sowie der Geschäftsführerin und unserer Organisatorin Airiin Vaasa bedankt und verabschiedet.
Damit ging eine Reise in ein ländlich geprägtes, aber modernes Estland, zu Ende, welches uns so herzlich aufgenommen hat, dass wir es nie vergessen werden.
Heike Schlehahn, Thüringer Forstverein