Hallo und Herzlich Willkommen!ForstvereinNordwestdeutschland

Die Gründung des Nordwestdeutschen Forstvereines geht zurück auf das Jahr 1885.

20 Jahre grenzübergreifende Verbundenheit

Austausch zwischen dem Polnischen und dem Deutschen Forstverein 2023, vertreten durch die Regionaldirektion Olsztyn (Allenstein) und den Nordwestdeutschen Forstverein.

Am 28.Mai 2023, am Pfingstsonntag gegen Abend, erwarteten wir, Bogdan Witkowski als Polenbeauftragter des DFV, Michael Thätner (Leiter des NFBz) und Ingrid Beitzen-Heineke in Münchehof den diesjährigen Besuch der polnischen Delegation aus der Regionaldirektion Olsztyn (Allenstein).  Um die Gäste nach der langen Fahrt aus Masuren, immerhin ca. 900 km, zu empfangen, bereiteten wir ein Abendessen am Grill vor. Erstaunlich frisch wirkten die 15 Kolleginnen und Kollegen und freuten sich, nach Bezug ihrer Zimmer, auf den Abend. Zunächst gab es natürlich Begrüßungen von beiden Seiten, die in bewährter Manier von Bogdan Witkowski, unserem Kollegen aus Hessen, übersetzt wurden. Die RD Olsztyn war 2006 das letzte Mal Partner des Austausches. Damals, unter Leitung der Reise von Hanno Müller-Bothen und Barbara Piesker, wurde täglich ein Protokoll geschrieben, welches dann am Ende der Reise als gebundenes Heft an alle Teilnehmer verteilt wurde. Dieses Heft von damals hatte ich mitgebracht, und alle hatten viel Spaß, die früheren Kollegen, sich selbst und die heimatlichen Orte im Text und auf den Fotos zu entdecken. So gab es gleich viel Gesprächsstoff, die Stimmung war rasch gut und vertraut. Der Präsident des Nordwestdeutschen Forstvereins, Christian Eberl kam ebenfalls zur Begrüßung und stellte kurz das geplante Programm für die kommenden Tage vor.

Der erste Tag stand unter der Überschrift Privatwald in Südniedersachsen. Im Forstbetrieb Eberl nahe Bad Lauterberg erwartete uns an diesem sonnigen Morgen ein kräftiges Frühstück an der Jagdhütte der Eberls. Dann folgte ein Gang durch den Wald unter der Führung von Dr. Christian Eberl und Sohn Prof. Dr. Justus Eberl unter dem Titel „Forstwirtschaft in Natura 2000-Gebieten. Viele Fragen und Diskussionen ergaben sich zu den vorgestellten Waldbildern: Verlust der Fichte durch die Frühjahrstürme Niklas und Friederike mit den Folgeschäden durch Trocknis und Käfer, Förderprogramme für die Wiederbewaldung der Schadflächen, Habitatbaumprogramm, technische Umsetzung der Kulturen, Baumartenwahl, rechtliche Fragen.

Den Nachmittag verbrachten wir im Wald der Familie von Oldershausen. Beeindruckend für die polnischen Kollegen, die ja aus einem Land mit ca. 80% Staatswald kommen, einen Betrieb kennenzulernen, der seit ca. 800 Jahren in der Hand einer Familie geführt wird. Gelebt hat man in den letzten Generationen i.W. von der Fichte. Angesichts des Klimawandels wird man vieles neu denken müssen, das wurde an diesem Nachmittag sehr deutlich. Interessant für die Kollegen war das 2. Standbein der Familie, die 1995 gegründete HOFOS GmbH: ein Forstservice-Unternehmen, dass die Bewirtschaftung und Betreuung mittelgroßer privater Forstbetriebe anbietet. Inzwischen werden 33 Forstbetriebe mit einer Fläche von ca. 20.000 ha von der HOFOS betreut.

Anschließend gab es noch eine weitere Reise in die Vergangenheit und zwar ins 3 Jahrhundert n.Chr. Am Harzhorn bei Kalefeld wurde 2008 ein antikes Schlachtfeld gefunden, eines der am besten erhaltenen Schlachtfelder der Antike. 2.700 Fundstücke gibt es insgesamt, die uns, jedenfalls zum Teil, den Kampf zwischen durchziehenden Römern und Germanen veranschaulichten.

Am nächsten Morgen begrüßte uns in Münchehof Henning Geske, Forstamtsleiter des Forstamtes Seesen. Eine Führung im sogenannten „Landteil“ des Forstamtes brachte uns die Naturgemäße Waldwirtschaft mit beeindruckenden Waldbildern näher. Mit dabei waren der langjährige Forstamtsleiter i.R.  Dr. Hermann Wobst, dessen Vater 1943 begann, den schlagweisen Hochwald umzustellen auf die Naturgemäße Waldwirtschaft. Über die Jahrzehnte waren außerdem Revierförster i.R. Rolf Schulz und jetzt Revierleiter Mario Knoop hier tätig, so dass die Gruppe Fragen zu allen Entwicklungsstufen der Bestände stellen konnte.

Am Nachmittag gab es neben neuesten technischen Informationen zur Waldarbeit ein „Damenprogramm“: Die drei weiblichen Teilnehmer der Gruppe fuhren auf besonderen Wunsch mit mir zur Landesgartenschau in Bad Gandersheim.

Der Tag wurde gekrönt von einem Grillabend mit prominenten Gästen. Professor Dr. Ulrich Schraml , Präsident des Deutschen Forstvereins war angereist, um die polnischen Gäste zu begrüßen und auch die letzten Tage der Reise durch Norddeutschland zu begleiten. Dr. Klaus Merker, Leiter der Nds. Landesforsten und Vizepräsident des Nordwestdeutschen Forstvereins begrüßte die Gäste aus Polen als „Hausherr“ und Gastgeber für diesen Abend. Hanno Müller-Bothen als langjähriger Polenbeauftragter mit seiner Ehefrau Barbara Piesker waren ebenfalls dabei. Viele Austausche unter ihrer beider Organisation sind in beiden Ländern in allerbester Erinnerung.

Am Mittwoch führte uns Frau Sabine Bauling um den Oderstausee im Nationalpark Harz. Der Vormittag war bestimmt von herrlichem Wetter und vielen Gesprächen rund um das Thema NP: Besucherlenkung, Verkehrssicherung, Jagd im NP, Bestandesentwicklung, Für und Wider der Nichtnutzung des absterbenden Holzes …).

Am Nachmittag schloss sich die Gruppe der Exkursion anlässlich der Tagung des Nordwestdeutschen Forstvereins in das Forstamt Lauterberg an. Bereits am Morgen bei der Fahrt zum Oderteich wurde allen das Ausmaß der verheerenden Verluste an Fichte klar. Der Harz hat 70% seiner Fichtenvorräte innerhalb von 3 Jahren verloren, Kahlflächen soweit das Auge reicht taten sich vor den Besuchern auf. Verschiedene Strategien und Versuche zur Wiederbewaldung dieser Flächen wurden uns gezeigt. Ziel sind in jedem Fall Mischbestände, um das Risiko in der Zukunft breiter zu streuen. Vorwälder aus verschiedensten Laubhölzern sollen späteren Zielbestockungen den Start erleichtern. Mosaikartig wurden Dürrständer stehen gelassen, die Schatten, Windruhe und Erosionschutz bieten sollen, die aber auch Risiken z.B. für die Arbeitssicherheit, ggf. für viele Jahre, mit sich bringen. Der rundum sehr interessante Nachmittag, regte viele Gedanken zum Ausmaß dieser Katastrophe an, die wohl jeden einzelnen nicht so schnell losließen. Es rief aber auch Bewunderung für die Kollegen hervor, die nach den ungeheuren Belastungen und der Verzweiflung der letzten Jahre mit so viel Elan und ganz neuen Ideen sich der Bewältigung dieser Mammutaufgabe stellen.

Am nächsten Morgen hieß es Abschied nehmen vom Bergland, von Münchehof und Weiterfahrt nach Altensalzkoth, wo uns Constantin von Waldhausen, Leiter des Klosterforstamtes und Jost Schonlau in den Gebieten des großen Waldbrandes von 1975 erwarteten. Die Konsequenzen, die aus dieser Katastrophe gezogen wurden, wurden uns vorgestellt. Große unterirdische Wasserspeicher, breite Brandschutzstreifen und, bereits vor Jahrzehnten in der Forsteinrichtung geplant, die Beimischung von Laubhölzern wie z. B. Roteiche. Auch hier war, wie schon im Harz, die Wildfrage ein wesentlicher Diskussionspunkt.

Nachmittags ging es weiter zur Forstsaatgutberatungsstelle in Oerrel, wo uns Frau Kiefer zunächst mit einer Präsentation die Aufgaben dieser Einrichtung der Niedersächsischen Landesforsten vorstellte. Die Waldverluste der letzten Jahre stellen die Mitarbeiter vor gewaltige Aufgaben. Ausreichend Saatgut zu beschaffen, für die Aussaat vorzubereiten und die Lohnanzucht in den Baumschulbetrieben zu überwachen, ist die eine Seite, die Verteilung des knappen Pflanzgutes nach den Gesichtspunkten der Dringlichkeit zu regeln ist die andere schwierige Herausforderung. Da in Polen jedes Forstamt den Bedarf in eigenen Baumschulen regelt, gab es hier natürlich viel Interesse an der Diskussion der unterschiedlichen Vorgehensweise.

Nun hatten wir das nächste Bundesland vor uns: Schleswig-Holstein. In Bad Bramstedt nahmen war unser Quartier, aber der Empfang am Abend war im Jugendwaldheim Hartenholm. Christoph Mews gab uns eine Einführung zu den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten, verbunden mit einem üppigen und köstlichen Abendbrot. Am nächsten Morgen holte uns Jens Birger Bosse, Abteilungsleiter der S.-H. LF, zur Exkursion in den Forstort Katinger Watt ab. Es gab sicher kaum einen Teilnehmer an unserem Rundgang, der schon einmal auf ehemaligem Meeresboden im Wald spazieren gegangen ist. Durch Eindeichung der Flächen im Mündungsgebiet der Eider und die darauf folgende Sandaufspülung in den 60er/70er Jahren ist diese Besonderheit entstanden. Die ca. 800 ha Wald, bestehend aus Eiche, Ahorn und vielen anderen Laubbaumarten, erst einige Jahrzehnte alt, sah bereits jetzt, nach ca. 40 Jahren, wie „wirklicher“ Wald aus. Die Natur hatte mit weiteren Bäumen, Sträuchern, Gräsern und krautigen Pflanzen ergänzend eingegriffen, so dass wir z. B. über zahlreiche Knabenkräuter am Wegesrand staunen konnten. Interessante Bilder und Diskussionen den weiteren Umgang mit den Beständen wurden mit einem Grillen am Waldrand abgeschlossen.

Auf dem Rückweg zum Hotel gab es noch einen Halt am Grootmoor bei Lentföhrden. Langjährig landwirtschaftlich genutzte Flächen werden hier erst seit wenigen Jahren als Moor renaturiert. Ziel ist es mit der Rückkehr eines Moores CO2 zu speichern, aber auch mit diesem Biotop etwas für die Artenvielfalt zu tun. Das Wasser soll durch Entfernen der Drainagen und Anlage eines 6km langen Torfwalles in der Fläche gehalten werden.

Als Abschluss des Tages und damit auch der Exkursionswoche hatte Christian Eberl ein spannendes Kontrastprogramm vorbereitet: Nach kurzer Umkleidepause fuhren wir in die pulsierende Großstadt Hamburg. Ein kühles Getränk am Fuße der Elphi, begleitet von ersten Informationen über das Gebäude, war der Auftakt zu einer Führung dort. Der Blick über das Wasser und die Stadt, das schöne Wetter, die vielen Menschen, wirklich eine andere Welt nach einer Woche Wald. Aber Hamburg ist auch die Reeperbahn und St. Pauli, hier warteten reservierte Tische für unser Abendbrot auf uns. Christian hatte uns allen eine abwechslungsreiche Woche vorbereitet, für die er auch viele Dankesworte erhielt. Für ihn war es auch ein Abschied von seiner Tätigkeit als Präsident des Nordwestdeutschen Forstvereins, denn auf der Jahrestagung am vorhergehenden Mittwoch hatte er sein Amt niedergelegt und seinem Nachfolger Christian Weber übergeben. Mit dieser gut gelungenen, abwechslungsreichen und fröhlichen Exkursion mit unseren polnischen Freunden war diese Woche wirklich ein krönender Abschluss seiner Amtszeit!

Am Samstagmorgen nach dem Frühstück im Hotel hieß es dann Abschied nehmen von einer Gruppe sehr interessierter Kollegen, mit denen wir eine sehr vielfältige, und abwechslungsreiche Woche verbracht haben, mit denen wir schnell guten Kontakt und dabei auch viel Spaß hatten. Die Einladung im August in die RD Olsztyn wurde sehr herzlich immer wieder bestätigt, so dass sich alle, die im Spätsommer zum Gegenbesuch aufbrechen, auf einen bestimmt lohnenden und eindrucksvollen Aufenthalt freuen können. Die Sprachbarriere gibt es natürlich, aber sie wird mehrfach wunderbar überbrückt von Bogdan, von einigen, die doch Deutsch können, sich aber erst nicht trauen und einigen, die Englisch sprechen. Die Botschaft dieser Austauschreisen ist seit Jahrzehnten immer wieder: Nicht aufhören damit!!! Sie sind so bereichernd und wichtig, in jeder Generation erneut!

Dr. Ingrid Beitzen-Heineke