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Exkursionsbericht: Forstliche Studienreise nach Island 2023

Der Brandenburgische Forstverein veranstaltete vom 01.06.2023 bis zum 09.06.2023 eine forstliche Studienreise nach Island.

Am 1.6. 2023 begaben sich 30 Mitglieder des Brandenburger Forstvereins und andere Naturinteressierte auf eine Exkursion nach Island. Bereits beim Anflug zeigte sich die Insel von ihrer besten Seite, auch wenn aus der Luft noch kein Wald zu erkennen war. Dafür zeigte sich ein herrliches Panorama von Bergen und Gletschern. 

Vom Flughafen ging es über die Reykjanes-Halbinsel durch Reykjavik direkt nach Borgarnes, dem ersten Übernachtungsort. Auf der Fahrt gewannen die Teilnehmer einen ersten Eindruck von der Weite der Landschaft. Die Rekjanes-Halbinsel ist der geologisch jüngste Teil Islands. Im Großraum von Reykjavik wohnen ca. 60% der isländischen Bevölkerung.

Der zweite Tag begann mit einem Besuch der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hvanneyri. Die Leiterin, Professorin Ragnhildur Jonsdottir gab einen Überblick über die Landwirtschaft Islands. Es gibt heute noch ca. 4000 Höfe, viele davon in Nebenerwerbslandwirtschaft. Tourismus und Reiterhöfe gewinnen immer mehr an Bedeutung. Die Milch- und Rindfleischerzeugung tragen 42 % und die Schäferei 17 % zur Wertschöpfung der Landwirtschaft bei. Professor Sigurdsson stellte die Forstwirtschaft vor, eine sehr junge Branche in Island. Es gibt nur 10 heimische Baum- und Straucharten. Die Birkenwälder sind auf einer Fläche von 155 000 ha (1,5 % der Landfläche) anzutreffen. 95 600 ha weisen eine Höhe unter 2 m und 11 800ha eine Höhe unter 5 m auf. Aufgrund von Stöungen, wie Vulkanausbrüchen, war Island nie waldbedeckt. Systematische Aufforstungen begannen erst am Anfang des 20. Jahrhunderts. Nach anfänglichen Misserfolgen wurden unter Verwendung geeigneter Herkünfte von Sitka-Fichte (20%), Drehkiefer (10%), Sibirischer Lärche (30%) und Balsam-Pappel seit 1899 ca. 40 000 ha aufgeforstet und die Waldfläche auf ca. 200 000 ha ausgedehnt. Der Wald befindet sich meist in einem Gürtel um die Insel im Übergangsbereich der ebenen Sander- und Lavaflächen und den Berghängen bis in Höhen von etwa 400 m . Verwaltungsmäßig ist die Forstwirtschaft in 4 Forstämter gegliedert. Nach der Einführung bestand die Möglichkeit, ein kleines landwirtschaftliches Museum zu besichtigen. Weiter ging die Tour, immer der Ringstraße 1 folgend, Richtung Norden. Der nächste Stopp erfolgte auf Glaumbaer. Dieser über 1000 Jahre alte Torfhof war bis in die 1940er Jahre bewohnt. In Torfrasenbauweise errichtete Gebäude waren bis um 1900 in den ländlichen Gebieten üblich, sind aber heute kaum noch anzutreffen. Am späten Nachmittag erreichte die Gruppe Akureyri, die größte Hafenstadt im Norden. Bei einem Spaziergang durch den Botanischen Garten fand das Island-Quartier besonderes Interesse, bot es doch die Möglichkeit, sich mit der natürlich vorkommenden Flora vertraut zu machen. Von den Gehölzen sind besonders die überall anzutreffenden Moor-Birke, Zwerg-Birke, Grüne und Wollige Weide zu erwähnen.

Nach einer Übernachtung direkt am Eyjafjördur-Fjord ging es am folgenden Morgen nach Husavik zu einer dreistündigen Walbeobachtungsfahrt. Bei bestem Wetter ging es weit hinaus aufs Meer, wo sich tatsächlich drei Blauwale, die größten Säugetiere der Welt, zeigten. Aber auch die Vogelwelt beeindruckte mit verschiedensten Entenarten, Sturmvögeln und Papageitauchern. Am Nachmittag ging es weiter über eine Vulkanlandschaft zum Myvatn, dem Mückensee. Wir erfuhren, was es mit Pseudokratern auf sich hatte, hörten Trollgeschichten und lernten die Weihnachtwichtel kennen. Am Mückensee angekommen, trafen wir auf Ohrentaucher, Eisenten und Odinshühnchen.

Nach einer weiteren Übernachtung am Eyjafjördur-Fjord stand der nächste Tag ganz im Zeichen der Wasserfälle. Als erstes stand der Godafoss, der Götterwasserfall, auf dem Programm. Hier sollen die Isländer, als sie zum Christentum übergingen, heidnische Statuen versenkt haben.  In den weiten mit Beerensträuchern bestockten Flächen zeigten sich Schneehühner und Goldregenpfeifer. Es folgte ein Geothermalgebiet, an dem heißes, nach Schwefel riechendes Wasser an die Oberfläche tritt. Am Dettifoss blickten wir auf einen der wasserreichsten Wasserfälle Europas, bevor es durch eine über hundert Kilometer breite Einöde an die Ostküste ging. Ein Zwischenstopp auf einem Einödhof vermittelte einen Einblick in die schwierigen Lebensverhältnisse in den vergangenen Zeiten und die Chancen dieses Hofes, durch die Verbindung mit Gastronomie und Tourismus, auch in Zukunft seine Existenz zu sichern.

Den 5. Tag unserer Reise begannen wir in Hallormsstadur, dem größten zusammenhängenden Waldgebiet Islands. Dort treffen wir Thor (Isländer duzen sich immer) von der örtlichen Forstver-waltung und besuchen unter seiner fachkundigen Führung einen der ältesten Waldbestände in Is-land. Im Jahr 1905 vom dänischen Förster Christian Flensborg als ein Versuchs- und Experimen-tiergarten für verschiedenste Gehölze angelegt, ist das Arboretum mit seinen rund 80 Arten auf 7 Hektar heute ein beliebtes Wander- und Erholungsgebiet direkt oberhalb des Lagarfljot gelegen. Auch für den Isländischen Staatsforst hat sich das Arboretum bezahlt gemacht. Nach 100 Jahren des Experimentierens haben sich die bereits eingangs genannten vier Baumarten sowie die heimi-sche Moorbirke als erfolgreich herausgestellt. Heutzutage werden in Island jedes Jahr rund 3 Mil-lionen Bäume gepflanzt. Für private Landbesitzer (meist Farmer im Nebenerwerb) werden vom Staat umfangreiche Fördergelder bereitgestellt. 97% der Einrichtungskosten wie Erschließung und Pflanzung bis hin zur ersten Durchforstung werden abgedeckt.


Zur Zeit der Besiedlung um das Jahr 900 n. Chr. war die Insel zu etwa 40 % bewaldet. Die Moorbirkenurwälder sind nahezu verschwunden. Nach massiven Anstrengungen in den letzten 20 Jahren beträgt der Waldanteil immerhin wieder knapp 2 % der Landfläche, das entspricht 1.900 km2. Und wenn Island mit diesen Flächenzahlen im internationalen Wettbewerb kaum punkten kann, so doch immerhin mit seiner Waldfläche je Einwohner. Es stehen jedem Isländer rund 0,5 ha Wald zur Verfügung, wohingegen in Deutschland nur 0,1 ha Wald je Einwohner zu verzeichnen sind.
Den Preis für den höchsten Baum Islands musste das Arboretum leider vor 5 Jahren abtreten. Die beeindruckende 25 Meter hohe Amerikanische Espe wurde von einer wuchsfreudigen Sitkafichte in Kirkjubaejarklaustur überholt.
Aber das Forschen geht weiter, insbesondere aufgrund des Klimawandels wird vor allem in British Columbia und in den arktischen Regionen nach neuen interessanten Arten bzw. Herkünften für Island gesucht.

Weiter ging es entlang der Ostfjorde durch den geologisch ältesten Teil der Insel in den Süden. Dabei waren neben den überall gegenwärtigen Schafen und Islandpferden vereinzelt Rentiere am Straßenrand zu beobachten. Diese, in vergangenen Jahrhunderten auf der ganzen Insel ausgesetzt, haben sich nur im Osten dauerhaft angesiedelt und werden auch bejagt.

Die Fahrt durch den Süden brachte uns den bereits im Anflug auf die Insel gesehenen Gletschern sehr nahe. Bei einer Bootsfahrt auf der Lagune des Gletschersees Jökulsarlon konnten Eisberge aus der Nähe betrachtet werden. Den fischreichen Lagunensee nutzten Seehunde zum Jagen.  Auch einige Wasserfälle lagen noch auf dem Weg, der geprägt war vom Wechsel weiter Lava-und Sanderflächen. Beeindruckend zeigte sich der Wechsel von natürlich besiedelten Flächen durch Moose und der Bereiche die landwirtschaftlich genutzt werden, sobald sich stärkere Bodenschichten gebildet haben. Um diesen Prozess zu unterstützen und zu beschleunigen wurden auf der ganzen Insel die Arktische Lupine ausgebracht. Sie dient einerseits der Verhinderung von Sandstürmen und andererseits der Vorbereitung von Aufforstungsflächen. Den Abschluss des Tages bildete der Besuch des kleinen Örtchens Vik und der Blick auf in der Nähe gelegenen Felsen mit Brutplätzen von Eissturmvögeln und Papageitauchern.

Der 7. Exkursionstag vermittelte einen weiteren Einblick in die Landwirtschaft des Landes. Auf dem Hof Fridheimar werden die Zucht von Islandpferden und Tomaten kombiniert mit ländlichen Tourismusangeboten. Der Gemüseanbau in Gewächshäusern gewinnt immer mehr an Bedeutung. Ziel ist es, bei den wichtigsten Arten eine Eigenversorgung zu erreichen. Begünstigt wird das Vorhaben durch Energiequellen aus Geothermie und Wasserkraft. Allein auf diesem Hof werden täglich bis zu 2 t Tomaten geerntet. Im weiteren Reiseverlauf überquerten wir den bereits bis zu 4 km breiten Graben zwischen der eurasischen und nordamerikanischen Kontinentalplatte. Im Bereich von Island bewegen sich beide Kontinentalplatten voneinander weg und in ferner Zukunft wird die Hauptinsel an dieser Stelle in zwei Teile zerfallen. In vergangenen Zeiten trafen sich an dieser Stelle die Familien der ersten Bewohner zum jährlichen Thing, da der Ort von allen Richtungen her gut erreichbar war und die aufragenden Felswände einen geeigneten Schutz boten. 

Der letzte Reisetag begann mit einem forstlichen Exkursionspunkt.  Wir trafen John vom Isländischen Forstverein. Er führte uns durch das Waldgebiet auf den Hügel Öskjuhid in Reykjavik. Beim ersten Tag mit typisch isländischem Regenwetter, zeigte er uns, welche Bedeutung dieser verhältnismäßig junge Wald als Erholungsgebiet für die Hauptstädter besitzt. Eine Rundreise durch die bereits eingangs erwähnte Halbinsel Reykjanes mit einem Besuch der Blauen Lagune bildete den Abschluss der ereignisreichen Reise.

Dagmar Schneck, Karen Helldrich, Marie Hedemann und Paula Halbig