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Bayerischer FV: „Umsetzung von NATURA 2000 im FFH-Gebiet Angelberger Forst“

Bericht zur 1. Freitagsexkursion der Bezirksgruppe Oberbayern-Schwaben am 29. Juni 2018

Bei in diesem Sommer fast schon gewohnt schönem Exkursionswetter traf sich ein gutes Dutzend Teilnehmer auf dem Marktplatz in Tussenhausen zur ersten Freitagsexkursion der Bezirksgruppe Oberbayern-Schwaben des Jahres 2018. Thema waren die Erfahrungen des Forstbetriebes Ottobeuren der Bayerischen Staatsforsten mit dem Management-Plan für das FFH-Gebiet Angelberger Forst. Insbesondere die Erstellung des Plans als einem der ersten landesweit bot die Gelegenheit, auf besonders langjährige Erfahrungen bei der Umsetzung zurückblicken zu können.

Zur Einführung stellte Hermann S. Walter, der Leiter des Fortbetriebes Ottobeuren, die betrieb­lichen Verhältnisse vor. Die Gesamtfläche des Staatswaldes beträgt 12.300 ha, verteilt auf 9 Reviere. Stabile Standortsverhältnisse auf zwei Dritteln der Fläche sowie die Niederschläge im Alpenvorland lassen bei fast allen Baumarten ausgezeichnete Wuchsleistungen zu.

Der Angelberger Forst ist mit rund 900 Hektar eines der größten Distrikte des vom Waldbesitz her besonders stark zersplitterten Forstbetriebes Ottobeuren. Das FFH-Gebiet umfasst 641 ha (weit überwiegend Staatswald aber auch 100 ha Privatwald praktisch ohne Lebensraumtypen). Die Flächenauswahl und Abgrenzung des früh entstandenen FFH-Gebiets erscheint aus heutiger Sicht nicht ideal. Selbst im Staatswald beschränkt sich der Umfang der Lebensraumtypen auf etwa 135 ha (überwiegend LRT 9110 Hainsimsen-Buchenwald, teilweise LRT 130 Waldmeister-Buchenwälder, in geringen Umfang sind die LRT 9160 Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder und 91 EO Erlen-Eschenwälder an Fließgewässern vorhanden.

Als Erhaltungsmaßnahmen fordert die Managementplanung die Fortsetzung der bisherigen natur­nahen Waldbewirtschaftung. Dazu zählen der Erhalt und die Förderung der lebensraumtypischen Laubbaumanteile. Strukturvielfalt entsteht durch Schonung von Unter- und Zwischenstand und gezielte Erhaltung der Jagdhabitate von Bechsteinfledermaus (nutzungsfreie Altholzinseln und Höhlen­bäume) und Großem Mausohr als Hallenbestände, sowie die Sicherung der Ausstattung mit Biotop­bäumen im LRT Waldmeister-Buchenwald.

Wünschenswert sind laut Plan die Erhöhung der Buchenanteile und der Verzicht auf Roteiche und Douglasie. Er strebt eine Erhöhung der Totholz- und Biotopbaumanteile an. Der Erhaltungszustand liegt bei B.

Aufgrund der Waldgeschichte sind in weiten Teilen des Mittelschwäbischen Schotterriedel- und Hügellands die im Naturwald dominierenden Laubmischwälder auf großen Flächen verschwunden. Der Wald wird seit dem 19. Jahrhundert von Fichtenbeständen – nicht selten Reinbeständen – dominiert. Mit der Buche gemischte Bestände oder großflächige Buchenbestände kommen kaum mehr vor. Die Buchenmischwälder des Angelberger Forstes sind deshalb regional sehr bemerkens­wert. Wirkliche Altbestände (nach BaySF-Klasse 1) gibt es aber auch dort nur auf wenigen Hektar (im ganzen FB Ottobeuren nur etwa 20 Hektar). Erhaltung und mögliche Verbesserung der vorhandenen Buchenwälder (überwiegend Klasse 2 nach dem BaySF-Naturschutzkonzept) sind deshalb wichtige Ziele des Forstbetriebes.

An drei Besichtigungspunkten wurden die dabei auftauchenden Fragen vorgestellt und intensiv diskutiert.

Am ersten Exkursionspunkt wurde vorgestellt, wie die weitere Bewirtschaftung unter Erhalt der Waldstruktur und –zusammensetzung erfolgen soll. Die Totholzanreicherung würde durch BGWL-Maßnahmen (Hochstümpfe bzw. Belassen des Ganzbaums) unterstützt. Die Umsetzung ist durch starken Druck der Rechtler (1.800 fm Rechtholz) und Erwartungen von Selbstwerben erschwert.

Der zweite Exkursionspunkt zeigte ein typisches Jagdhabitat der Population des Großen Mausohrs, die im Dach der Kirche von Tussenhausen lebt. Das strukturarme 3 ha große Buchen-Fichten-Altholz mit Grasvegetation und nur geringen Buchen-Naturverjüngungsansätzen weist ideale Jagd­bedingungen auf. Die Diskussion zum Umgang mit der initialen Buchen-Naturverjüngung (notwendige Rücknahme oder Zulassen natürliche Dynamik) war kontrovers.

Am dritten Exkursionspunkt, einem als Klasse 2 ausgewiesenen Buchen-Altholzrest von 0,5 ha mit drei kartierten Großhöhlenbäumen, wurde der Einbau segregativer Elemente in die integrative Forstwirtschaft diskutiert. Weitere „Altholzinseln“ ähnlicher Art (26 Teilflächen) wurden im Angel­berger Forst aus der Nutzung genommen. Sie sind per Definition (weit zu jung) keine Klasse 1 Wälder, erfüllen aber deren Funktion als Vernetzungsbestände oder Trittsteine. Der Schutz von Großhöhlenbäumen wird durch systematische Erfassung verbessert (derzeit 585 Bäume mit Groß­höhlen im Forstbetrieb kartiert und markiert).

Übergreifendes Diskussionsthema war die Erhaltung von Mischbeständen mit Nadelholz im Natur­verjüngungsbetrieb im standörtlichen Buchen-Optimum. Vor allem außerhalb der Lebensraumtypen findet Pflege unter Schirm (PUS) zugunsten der Nadelbäume (auch Fichte) gegenüber dominanter Laubholz-Verjüngung statt.

Den Abschluss des gelungenen Nachmittags bildete ein Beisammensein der Teilnehmer in geselliger Runde unter den Bäumen des Rathausgartens von Türkheim.

Günter Biermayer