Mit 10 Teilnehmern traf sich eine kleine Schar Bayerischer Forstvereinsmitglieder an einem traumhaft schönen Herbstnachmittag am Wanderparkplatz Pfeifenmacherbrücke in Ramsau. Zunächst stellte Dr. Roland Baier als Leiter des Nationalparks die Waldgeschichte im Berchtesgadener Land vor. Prägend für den Waldzustand sind 500 Jahre Salzgewinnung, großflächige Waldweide und die Folgen der Hofjagd Ende des 19. Jahrhunderts. Das traditionsreiche Schutzgebiet hat mit der Einrichtung des Pflanzenschonbezirks im Jahr 1910 und mit 40 Jahren Nationalpark bereits eine vergleichsweise lange Geschichte. Dem heutigen Ziel Prozessschutz, d. h. naturnahe aber auch naturferne Systeme wieder einer natürlichen Entwicklung zuzuführen, ist mit bereits 75 % Kernzone (darin 5.000 ha Wald) und 25 % Pflegezone (4.000 ha Wald, 800 ha Almen) in großem Umfang Rechnung getragen. Beim Ziel Umweltbildung stehen 1,5 Mio. jährliche Besucher auf der Rechnung. Sehr wertvoll war die Diskussion mit Frau Rinneberg als Leiterin der Abteilung Forst und Herrn Neubauer als Leiter der NP-Dienststelle Hintersee seit 1989.
Die Ausgangslage für die Waldentwicklung in der Pflegezone oberhalb von Ramsau war geprägt von fast reinen Fichtenbeständen mit etwas Lärche, in denen sich früher lediglich reine Fichte verjüngen konnte. Bei den Mischbaumarten herrschte Totalverbiss. Der Schlüssel zur Veränderung war ein anderes jagdliches Verhalten mit intensiver Jagd auf 34 % der Parkfläche (d. h. in der Pflegezone und einer beschränkten „Pufferzone“ im Kernbereich). Der Erfolg ist heute deutlich sichtbar. Das jetzige Altbestandsbild einer 1991/92 durch Seilhieb geschaffenen Femelstellung mit nachfolgender Pflanzung von Tanne und Buche lässt einen geradezu ideal aufgebauten Bergmischwald-Folgebestand erwarten. Durch Schwerpunktbejagung ist die Verjüngung weitgehend verbissfrei aufgewachsen und teilweise schon mehrere Meter hoch. Für den Erfolg war auch Schonzeitaufhebung (ca. 10 % der Strecke) mit entscheidend. 2007 fielen KYRILL-Schäden mit anschließendem Käferbefall an, die aus Waldschutzgründen aufgearbeitet wurden. Diese Lücken tragen heute ebenfalls gemischten Nachwuchs.
Das aktuelle Borkenkäferkonzept in der Pflegezone ist durch ein intensives Monitoring mit Bekämpfung auf 1.900 ha geprägt (7 Suchbezirke). Die im Grunde für den Naturschutz aufgewandten Kosten lagen 2017/2018 für die Aufarbeitung von 2.500 fm bei 370.000 Euro.
Kleinanfall wird dabei handentrindet und belassen, größere Mengen je Befallsort mit Seil oder Helikopter gebracht. In der Kernzone gibt es keine Bekämpfung. Flächiger Befall ist bisher ausgeblieben. Folgeschäden liegen zu 85 % in einer 200 m-Zone um Käfernester.
Die Erfahrungen im Nationalpark Berchtesgaden bestätigen die Beobachtungen, dass Borkenkäfer in der Regel nach Sturm- oder Dürreereignissen in Massenvermehrung übergehen. Es scheinen große Unterschiede im Verlauf von Kalamitäten zwischen Mittel- und Hochgebirge zu bestehen (große Flächenschäden im Böhmer- und Bayerwald, eher Stress-Schäden in den österreichischen Kalkalpen und Berchtesgaden). Möglicherweise wirken die extreme Topographie und die großen standörtlichen und Bestandsunterschiede im Hochgebirge bremsend. Allerdings zeigte sich dies im westlichen bayerischen Hochgebirge (Ober- und Ostallgäu, Isarwinkel) nach WIEBKE nicht durchgehend so.
Das aktuelle Konzept der notwendigen Schalenwildregulierung setzt auf Zonierung:
· Jagdruhe 77 %
· Ganzjährige Schwerpunktjagd 6,2 %
· Jagd mit Ausschöpfen der Jagdzeiten 6,7 %
· Intervalljagd mit Sommerruhe 11 %
Dabei werden starke Trophenträger gar nicht und Rehwild bzw. Gamswild mit Schwerpunkt im Wald gejagt. Erfreulich ist die Akzeptanz der Jagdstrategie auch im Umfeld des Parks.
Alle Teilnehmer waren beeindruckt von der klaren Konzeption für die Waldentwicklung, die hinsichtlich Jagd, Pflege und Verjüngung schlüssig ineinandergreift und den sichtbaren Erfolgen. Herrn Dr. Baier, Frau Rinneberg und Herrn Neubauer als Gastgeber und Gesprächspartner gebührt Dank für die erfolgreiche Veranstaltung.
Günter Biermayer