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Koalitionsvertrag steht: Was bedeutet das für den Wald in Thüringen?

Bei Niederschrift dieser Zeilen ist er erst wenige Tage alt: der Koalitionsvertrag der Parteien Die LINKE, SPD und Bündnis90/Die GRÜNEN für die 7. Wahlperiode des Thüringer Landtags. In den Medien wurde ausführlich darüber berichtet, dass die Rot-Rot-Grüne Koalition nach der Landtagswahl am 29.10.2019 ihre Regierungsmehrheit um 4 Stimmen verfehlt hat und nun das Experiment einer Minderheitsregierung wagen möchte. In der Notwendigkeit, trotzdem Mehrheiten zusammen mit der Opposition im Parlament zu organisieren, wird aber auch die Chance für eine andere Politik gesehen.

In dem über 60 Seiten starken Koalitionsvertrag widmet sich eine Seite dem Thema Wald und Forstwirtschaft. „Bei der Etablierung standortgerechter, klimastabiler und naturverträglich genutzter, multifunktionaler Wälder in Thüringen“ hat ThüringenForst eine Vorbildrolle. Die Landesforstanstalt soll zum Kompetenzzentrum für Waldumbau ausgebaut werden und die notwendigen finanziellen Mittel erhalten. Für die Kommunal- und Privatwälder soll die Einführung einer „Naturwaldprämie für zertifizierte, naturnahe Bewirtschaftung“ geprüft werden. Die Koalitionäre erwarten, dass die Schadsituation in Wäldern anhalten wird und die Waldbesitzer finanzielle Hilfe benötigen, die auch vom Bund und von der EU kommen muss. Die Förderung soll möglichst un­bürokratisch erfolgen und sich am Schadgeschehen ausrichten. Das „Aktionsprogramm Wald 2030ff", welches die Regierung im vergangenen Jahr als Absichtserklärung zur Schadflächensanierung und zur klimagerechten Anpassung der Wälder beschlossen hat, soll umgesetzt werden.

Die Bewirtschaftung der Wälder soll nachhaltig und naturnah erfolgen, dabei wird auf natürliche Wiederbewaldung und bodenschonende Bewirtschaftung gesetzt. Wörtlich heißt es: „Ziel ist es, flächendeckend möglichst standortheimische, klimaresiliente und baumartenreiche Mischwälder als Dauerwald stetig weiter zu entwickeln. Die Mehrung des Waldes als CO2-Speicher ist durch verstärkte Erstaufforstung zu unterstützen“. Weiterhin bekennen sich die Vertragsparteien zur Nutzung vom „Rohstoff Holz nach dem Kaskadenprinzip (stoffliche vor energetischer Verwendung)“, auch um den bewirtschafteten Wald als CO2-Senke zu sichern.

In den vergangen Legislaturperioden waren sich alle Parteien in Thüringen bei dem Thema Wald und Forstwirtschaft relativ einig. So manche Gesetzesinitiative wurde von Regierung und Opposition gemeinsam umgesetzt. Die Formulierungen im aktuellen Koalitionsvertrag sind kurz und allgemein gehalten, sodass sie kein Hindernis für parteienübergreifende Kompromisse sein dürften (viel ist auch schon im Aktionsprogramm Wald 2030ff aufgeschrieben). Einig ist man sich über Parteigrenzen hinweg auch, dass angesichts der dramatischen Schadsituation durch Trockenheit und Borkenkäfer weitere finanzielle Mittel über die noch in der letzten Legislatur beschlossenen Hilfen hinaus notwendig sind. Offen ist, wann sie kommen. Der Koalitionsvertrag ist bisher nur eine Absichtserklärung dreier Parteien, die im Parlament keine Mehrheit haben und zum Zeitpunkt, an dem dieser Text verfasst wurde, noch nicht mal einen Ministerpräsidenten gewählt haben. Erst wenn bestehende (Haushalts-)Gesetze geändert und fortgeschrieben sind, wird auch weiteres Geld zur Verfügung stehen. Aber zwei Dinge sind auch klar: Wer Geld gibt, möchte auch mitreden, d. h., wir Waldbesitzenden und Forstleute werden uns noch mehr dem gesellschaftspolitischen Diskurs über die „richtige“ Bewirtschaftung der Wälder stellen müssen als bisher. Und viel wichtiger als Geld für die Thüringer Wälder ist Regen, Regen, Regen ... Leider gab es davon in den letzten Monaten viel zu wenig!


Dr. Andreas Niepagen