Schottlandreise 2017 des Sächsischen Forstvereins

Exkursionsbericht von Frank Feigel

Vom 12. bis 21. Juni 2017 besuchte eine 37 Personen starke Gruppe von Mitgliedern des Sächsischen Forstvereins und interessierter Forstleute und Pensionäre benachbarter Bundesländer den Norden der großbritannischen Insel. Groß war die Vorfreude auf die Fahrt und das Neue, was wir kennenlernen wollten.

Die Fluggesellschaft „Easyjet“ brachte unsere Reisegruppe am Montag von Berlin-Schönefeld nach Edinburgh, der Hauptstadt Schottlands, wo uns unsere deutsch sprechende Reisebegleiterin Gisela Cumming und unser Busfahrer Gary Bisset erwarteten. Den späteren Nachmittag verbrachten wir mit einer kurzen Besichtigung von Holy Rooden Castle und der Neustadt von Edinburgh, bis wir unser Hotel PrimierInn bezogen.

Schottland hat entsprechend seiner Geschichte und Landessprachen verschiedene Namen: Englisch Scotland, gälisch Alba oder lateinisch Caledonia.

Auf dem nördlichen Drittel Großbritanniens nimmt es eine Fläche von 78.772 km² ein und umfasst etwa dieselben geografischen Breiten wie Dänemark bis Südnorwegen. Das Klima ist gemäßigt. Im Westen am Atlantik beeinflusst der Golfstrom die Temperaturen. Dort fallen bis zu 3000 mm Niederschlag pro Jahr. Nach Osten zur Nordsee nimmt der Regen auf 1600 mm p.a. ab. Schnee bleibt im Winter nur in den höheren Lagen des Hochlandes liegen. Als höchster Berg misst der Ben Nevis nahe Fort Williams 1345 m. Die Einwohnerzahl beträgt 5,3 Mio.

Geologisch ist die Entstehung Schottlands sehr komplex. Durch Drift größerer und kleinerer Kontinentalplatten entstand ca. vor 400 Mio. Jahren im Ordovizium bis Silur in mehreren Faltungen das Kaledonische Gebirge, das man von seinen Dimensionen her sich den heutigen Hochgebirgen vergleichbar vorstellen kann und dessen Reste in Skandinavien, Schottland, den Orkneyinseln, im Norden Irlands, auf Neufundland und in den Appalachen zu finden sind. Begrenzung eines Teils dieser sehr alten Platte ist der markante Graben von Inverness im Nordosten bis Fort William im Südwesten, das Great Glen Fault. Die erodierten Reste zahlreicher Vulkane bilden die heutigen Hebriden im Atlantik. Auf der Insel Lewis findet sich mit dem Lewisian-Gneis, mit ca. 3,4 bis 2,9 Mrd. Jahren eines der ältesten Gesteine Europas. Die runden Hügel des Hochlandes formten sich durch fünf Eiszeiten. Bis zu 2 km dicke Eismassen überzogen die Gebirge und gestalteten die typischen Gletschertrogtäler, die Fjorde (Firths) und die vielen Seen (Lochs). In den Warmzeiten zwischen den Eisvorstößen spülten die Tauwassermassen Sedimentgesteine und Ablagerungen von den Vulkanen und Bergen ab und sorgten so für weitere Erosion und dem Verfüllen der Hochgebirgstäler. Das Hochland ist der Rest des alten kaledonischen Gebirges. Die südlichen Gebiete Schottlands dagegen entstammen wie England und Wales einer völlig anderen, der Baltischen Platte.

Natürliche Baumarten sind die Waldkiefer (Scots pine; Pinus sylvestris), von der wir bis zu 460 Jahre alte Exemplare sahen, aber auch Birken, Eschen, Ebereschen, Eichen, Eiben, Espe, Wachholder. Die natürliche Waldgrenze liegt bei 600 bis 800 m, oberhalb befinden sich Moore und Heideflächen.

In Schottland sind 2016 inzwischen 18 Prozent der Landesoberfläche (1,4 Mio. ha) wieder mit Wald bedeckt, nachdem er insbesondere im 18. und 19. Jahrhundert durch Schiffsbau und Holzkohleherstellung für die lokalen Eisenhütten bis auf wenige Prozent reduziert wurde. Der vor 8000 Jahren nach der letzten Eiszeit eingewanderte Naturwald hatte kaum überlebt. Die großen Aufforstungen, beginnend nach dem ersten Weltkrieg (Erfahrungen aus der Seeblockade), wurden insbesondere seit Mitte des 20. Jahrhunderts verstärkt mit nichtendemischen Arten wie Sitka-Fichte fortgesetzt. Derzeit sind nur 1,5 % wieder mit Naturwald bedeckt. Es gibt in jüngerer Zeit eine Verpflichtung, dass alle Flächen, die um das Jahr 1750 Wald waren, mit einheimischen Arten aufgeforstet werden müssen. Die Sitka-Monokulturen werden mit ca. 2200 bis 2500 Stück pro ha begründet und werden im Alter von 40 bis zu 60 Jahren im Kahlschlagverfahren in Größenordnungen  bis zu 150 ha geerntet. Zu 95% wachsen sie ohne jegliche Durchforstung (thinning) auf. Dadurch sind diese Bestände natürlich massereich (600 m³ pro ha), aber sehr sturmanfällig. Aufgeforstet wird im Hochland deshalb nur bis in Höhen von 400 m NN. Es besteht in Schottland bis 2022 das Ziel, pro Jahr 10.000 bis 15.000 ha pro Jahr neu aufzuforsten. Die Bewirtschaftung der Forsten ist, nicht überraschend, FSC zertifiziert.

Der Wald ist zu 67 % privat. Von den 1,4 Mio. ha Wald sind 1,0 Mio. ha mit Koniferen und nur 0,4 Mio. ha mit Laubholz bestockt. Im Privatwald (965.000 ha) ist das Verhältnis Nadelholz zu Laubholz 65% zu 35%.

Der Forstsektor insgesamt trägt mit 954 Mio. Pfund Sterling zur Bruttowertschöpfung der schottischen Wirtschaft bei, davon 771 Mio. aus dem Forst- und Holzsektor und 183 Mio. Pfund aus Tourismus und Erholung. 25.000 Jobs bringt der Forstsektor, davon sehr viele in unterentwickelten ländlichen Regionen. Holz wird pro Jahr 9 Mio. m³ geerntet, davon 3 Mio. m³ aus staatlichem Grundbesitz.

Als Ratgeber und Regulierer für die schottische Regierung wurde die Forestry Commission Scotland am 1. April 2003 gegründet. Sie hat die Aufgabe der Erweiterung, des Schutzes und des unterstützenden Managements der schottischen Wälder übernommen. Ziele sind die Vorbeugung des Klimawandels, die ökonomische Entwicklung, die Überwachung des Gesundheitszustandes der Wälder, die Regulierung und Förderung des Privatwaldes sowie die Kräftigung des Gemeinschaftsgedankens. Zu letzterem Vorsatz gab es ein Programm der Kommunalisierung von Wald. Die Commission erteilt die Lizenz zum Fällen (Kahlschlag). Zwischen Fällung und Wiederaufforstung sollen in der Regel nicht mehr als 2 Jahre vergehen.

Ausführendes Organ ist Forest Enterprise Scotland seit dem 1. April 2004, das einen Mix aus 640.000 ha Wald und Offenland bewirtschaftet und somit stark zur Versorgung der Holzindustrie beiträgt.

Am 13. Juni besuchte unsere Reisegruppe den Tayside forest district, durch den uns Charles Bushby führte. Er gehört zu der Firma Scotish Woodlands, einer privaten Institution, die sich um die Bewirtschaftung, insbesondere privaten Grundbesitzes, bemüht, sowohl um natürliche als auch kommerzielle Wälder. Wir besichtigten eine Aufforstung mit Eichen, Esche, Kiefer, Birke, Lärche und Fichte eines privaten Grundbesitzes, der während des ersten Weltkrieges gerodet worden war. Ein Viertel der Fläche wurde bewusst nicht bepflanzt.

Nachmittags lernten wir die kleinste schottische Destille nahe Pitlochry „Edradour“ (gälisch: „Zwischen den Wassern“) und die Geheimnisse der Whiskyherstellung kennen. Übernachtung fanden wir in dem sehr schönen und altertümlichen Pitlochry Dundarach Hotel. Am kommenden Tag, dem 14. Juni, besichtigten wir das auf das 13. Jahrhundert zurückgehende Schloss Blair Castle, Stammhaus der Grafen und Herzöge von Atholl, welches zu den Lieblingsschlössern von Königin Viktoria gehörte. Der Grundbesitz der Herzöge beträgt 60.000 ha. Der heutige Herzog Bruce Murray lebt in Südafrika, trägt aber immer noch den Titel „Duke of Atholl“. Die „Pflanzer“-Herzöge gestalteten ab 1737 beginnend „Dianas grove“ – Dianas Wildnis. Heute hat dieser Park 1559 Bäume, teilweise beachtlich-sehenswerter Dimension. Neben diesem Park pflanzten die Grundeigentümer in einem Zeitraum von mehr als 100 Jahren 21 Mio. Bäume und legten 6300 ha Wald an.

Nachmittags fuhren wir nach Inverness am Fluss Ness und besichtigten kurz die Heimatstadt unserer Reiseleiterin, die 65.000 Einwohner hat. Der Bus brachte uns darauf nach Dornoch an die Nordsee, wo wir für 3 Nächte das Dornoch „BespokeHotel“ bezogen, ein Etablissement mit dem Flair der 1950iger Jahre.

Am Donnerstag, dem 15. Juni, fuhren wir die Strecke zurück nach Inverness und dann zu Loch Ness. An diesem Tag ging es zum Abriachan Forest Trust nördlich oberhalb von Loch Ness. Das ist ein Waldgebiet in einer Größe von 540 ha, das 1998 durch eine Eigentümergemeinschaft für 150.000 Pfund von den Staatsforsten gekauft wurde. Folgende Ziele stellt sich die Gemeinschaft:

Öffentlicher Zugang, Biodiversität, lokale Beschäftigung, Erholung und Waldpädagogik, Versorgung mit Brennholz. Nach dem Kauf wurden 80 ha eingeschlagen, um den Kaufpreis aufzubringen. Im   Waldgebiet sahen wir viel Windwurf aufgrund der organischen Nassböden, nicht standortgerechter Baumarten und fehlender Pflege. Wir besichtigten Aufforstungen mit „Super-Sitka“, einem Klon, aber auch Flächen mit einheimischen Baumarten wie Erle, Aspe, Weide Birke, Lärche und Waldkiefer. Unsere Führung übernahm an diesem Vormittag Suzann Barr, die Waldpädagogin des Grundbesitzes. Die Waldschule hat 2 Gebäude, in denen Projekte für Kinder und Jugendliche und für sozial benachteiligte Erwachsene durchgeführt werden. Die Gemeinschaft profitiert von Förderung und freiwilligen Leistungen von Arbeitskräften aus ganz Europa.

Anschließend unternahmen wir eine Bootsfahrt über Loch Ness zu der alten zerstörten Burg Urquhart Castle von 1692. Nessie hat sich glücklicherweise an diesem Tage nicht gezeigt.

Am frühen Abend erhielten wir, zurück in Dornoch, einen Vortrag über den North Highland Forest District der Forestry Commission of Scotland, gehalten von Hazel MacLean.

Am 16. Juni bestiegen wir früh wieder unseren Bus. Beim Verlassen der Stadt erzählte uns Gisela, dass in der Kathedrale von Dornoch, deren Aufbau von dem in Amerika reich gewordenen Schotten Carnegie gespendet wurde, Madonna geheiratet habe. An diesem Tage hatten wir eine sehr weite Busfahrt vor uns nach Ardgay in das Alladale Wilderness Reserve, einen 9200 ha großen privaten Grundbesitz mit 5 Tälern, 2 Flüssen und 11 Hügeln. Innes MacNeill und Alastar Lamsden begrüßten uns. Der Besitzer, Paul Lister, ein vermögender Möbelhändler aus London, erfüllt sich hier seinen Lebenstraum von Wildnis und verwirklicht diesen mit Hilfe des European Nature Trust und Fördermitteln der EU. Ziele sind: Wiederaufforstung natürlicher Wälder, Pflanzung von Mischwald (900.000 Bäume seit 2010), Zäunung der Pflanzungen (50.000 acres, 40 km) und Freihalten von Rotwild, Wildtiermanagement, Wiederansiedlung von Luchs, Wolf, Bär, des Eichhörnchens, Schutz der Wildkatze, Wildtierforschung, Revitalisierung der Hochmoore, Umweltbildung für Kinder, Unterstützung der Hochlandviehzuchtinitiative sowie Erholung in freier Natur (Lodges). Nach einem kurzen Ausflug in eines der Hochtäler genossen wir einen Mittagsimbiss in der Maschinenhalle.

Nachmittags fuhren wir weiter nach Nordwesten in das seit 1951 bestehende Beinn Eighe National Nature Reserve, welche auf Höhen von 75 bis über 1000 m NN. liegt und auch Inseln im Loch Maree einschließt. Ziel ist hier die Bewahrung des Kaledonischen Kiefern-Regenwaldes, was insbesondere aufgrund des Rotwildes eine besondere Herausforderung darstellt. Douglas Batholomew führte uns auf einer kurzen Wanderung bei fein sprühendem Niesel und einem herrlichen Regenbogen bis auf einen Aussichtspunkt aus rotem Sandstein. Der Scottish National Heritage Fonds unterhält dieses Reservat. Nach der Besichtigung einer informativen Ausstellung im Besucherzentrum begaben wir uns wieder auf unsere sehr lange Rückreise an die Ostküste.

Am kommenden Tag, dem 17. Juni, brachen wir früh in Dornoch zur Fahrt an die Westküste auf, die uns die Schönheiten der Insel Skye zeigen sollte. Leider waren die Berge und Inseln derart Regen verhangen, dass wir außer einem kurzen Stadtrundgang in Portree, der Hauptstadt der Insel, kaum Eindrücke von der wilden Westküste sammeln konnten. Während wir auf Skye über eine Brücke gelangt waren, verließen wir die Insel nach Süden mit Hilfe einer Fähre am Armadale ferry terminal. Übernachtung fanden wir heute in der Kleinstadt Oban im Columba Hotel. Am Sonntag, dem 18. Juni, fuhren wir weiter in südliche Richtung, vorbei an Fort William und den höchsten Berg Schottlands in den 50.000 ha großen Lochaber district. Hier führte uns Allister Cumming, der Sohn unserer Reiseleiterin. Auf einer kurzen Wanderung durch das Revier der Forestry Commission (Staatswald) erläuterte uns Allister Grundsätze schottischer Forstwirtschaft und Forstpolitik.

Der Nachmittag brachte uns in den Fordie Lodge Estate, auf dem uns Andrew Whitaker Pferderückung vorführte. Wirtschaftliches Ziel dieses Grundbesitzes ist die Fasanenjagd und insofern diente die vermutlich einzige Durchforstung eines Lärchenbestandes des Besitzes der besseren Schussfreiheit für die Gäste.

Abends bezogen wir das seit 1786 bestehende ehrwürdige Hotel „The Golden Lion“ in Sterling, welches bereits Robert Burns schätzte. Mit einer Stadtbesichtigung klang der Tag aus.

Am Montag, dem 19. Juni, besuchten wir die mit 600.000 Einwohnern größte Stadt Schottlands, Glasgow. Leider war an diesem Vormittag nur sehr wenig Zeit, so dass wir außer der Kathedrale des Heiligen Mungo, dem Rathaus und der Außenansicht des Museumskomplexes Kelvin Grove wenig zu sehen bekamen. Der Nachmittag führte uns dann in die seit 1833 bestehende Glen Goyne Destillery, auf deren Besuch ich zu Gunsten von Glasgow gern verzichtet hätte. Am Abend wurde wieder Sterling mit seinen Pubs erkundet.

Der Dienstag widmete sich der ausführlichen Besichtigung der wunderschönen Hauptstadt Edinburgh mit Festung sowie Alt- und Neustadt. Nach einer weiteren Übernachtung in Sterling brachte uns Gary am Morgen des 21. Juni zurück zum Flughafen der Hauptstadt, von dem uns die Gesellschaft „Easyjet“ nach Berlin entführte.

Was bleibt von 10 Tagen eines interessanten Aufenthaltes in Schottland? Wir haben wundervoll aufgeschlossene Menschen, schottische Musik und Lebensart kennengelernt, atemberaubende landschaftliche Schönheit genossen, schottische Gastronomie erfahren, viel über Forstwirtschaft, Naturschutz und die beachtlichen Anstrengungen zur Wiederbewaldung des Landes gelernt und tragen seitdem die Sehnsucht nach mehr Schottland in uns. Unser Dank gilt den Organisatoren dieser Studienreise.

Bischofswerda, im August 2017