Hallo und Herzlich Willkommen!ForstvereinMecklenburg-Vorpommern

Der Forstverein MV blickt auf eine 140-jährige Vereinsgeschichte und auf bedeutende Forstleute dieser Zeit zurück.

Finnland-Reise des Forstvereins Mecklenburg-Vorpommern vom 27.08. - 02.09.2018

Die vom Landesforstverein M-V in diesem Jahr nach Finnland in die Region Nordkarelien organisierte Auslandsreise mit 17 Teilnehmern - davon einige aus Berlin/Brandenburg und Nordrhein-Westfalen - war ein voller Erfolg. Wie bei der Auslandsexkursion 2017 nach Rumänien war die Reiseleitung als Gespann von Dr. Edda Henze und Robert Born wieder Spitze. Die laufend mit den finnischen Gastgebern abzustimmenden möglichen Zusatzangebote oder einzelne organisatorischen Änderungen haben das Themenangebot für alle Teilnehmer noch erlebnisintensiver werden lassen. Die empfehlenswerte bundesweite Zusammensetzung der Teilnehmergruppe hat den fachlichen Austausch weiter beflügelt.

Das Zentrum von Helsinki konnte am ersten Tag für ein paar Stunden besucht werden. Der Hafen, der Dom mit riesiger Freitreppe und die architektonische Gestaltung des Senatsplatzes aus dem 19. Jahrhundert waren die Highlights bis zum Weiterflug nach Kuopio.

An den folgenden Tagen stand dann die Forstwirtschaft im Fokus. Die finnische Forstwirtschaft umfasst 23 Mio. ha bzw. 66 % der Landesfläche mit einem Jahreseinschlag von rund 65 Mio. FM. Der Staat besitzt ca. 21 % der Fläche, die übrigen Anteile sind zu 65 % privat, zu 9 % große Kooperationen und zu 6 % kommunal. Der jährliche Holzzuwachs liegt bei über 100 Mio. Fm. Etwa 100.000 Arbeitsplätze sind an Wald und Holz gebunden. Auf rund 10 % der Fläche erfolgt vornehmlich aus Naturschutzgründen keine Holznutzung.

Die Besichtigung des Hauptwerkes der Firma Ponsse stand am zweiten Tag auf dem Programm. Die digitale Fertigung der gesamten Harvester- und Forwarderpalette zu sehen war für Förster ein Erlebnis. Fast alle typenspezifischen Bauteile werden in Einzelfertigung durch Industrieroboter unmittelbar nach Kundenwunsch gefertigt. So kann direkt nach einem großen Harvester der kleinste Forwarder beginnend vom Rahmen über die Kran- und Kabinenaufbauten über Motor und Fahrwerk bis hin zum Einbau der Elektronik gefertigt werden.

Es wird im Zweischichtsystem gearbeitet. 4-5 Maschinen verlassen täglich das Werk. Jede Maschine wird zuerst funktional im Werk und danach durch praktischen Einsatz im Wald getestet, um dem Kunden eine vollfunktionsfähige Einheit direkt für den Volllastbetrieb übergeben zu können. 75 % aller Maschinen gehen in den weltweiten Export.

Im Europäischen Forstinstitut (EFI) in Joensuu empfing uns ein seit 12 Jahren in Finnland lebender bayrischer Förster. Inzwischen selbst finnischer Waldbesitzer präsentierte er neben der wissenschaftlichen Arbeit seines Institutes auf unsere Fragen hin die Zusammenhänge und Besonderheiten der finnischen Forstwirtschaft anschaulich.

In Nordkarelien werden über 1,4 Mio. ha Waldfläche von rund 22.000 Waldbesitzern aller Eigentumsarten und 157 Mio. Fm Holzvorrat mit ihrer Bestockung durch Laser gestützte Luftbildauswertung alle zwei Jahre erfasst. Daraus wird eine Nutzungskalkulation für den Waldbesitzer abgeleitet und bei Endnutzungen auch eine Vorgabe für die Verjüngung. In der Regel erfolgt eine Wiederbestockung von Kiefer mit 2.200 Pfl./ha und von Fichte mit 1.700 Pfl./ha als Pflanzung innerhalb von zwei Jahren. Die ebenfalls gewünschte Birke fliegt als Naturverjüngung ein.

Das natürliche Baumartenspektrum ist mit Aspe, Linde, Eberesche, Erle, Bergahorn und verschiedenen Weidenarten zwar deutlich breiter, doch wird seit Jahrzehnten auf rund 90 % der Wirtschaftsfläche meist auf die künstliche Verjüngung zur Sicherstellung der langfristigen Rohstoffversorgung der finnischen Holzindustrie gesetzt.

Bemerkenswert ist, dass jede forstwirtschaftliche Maßnahme (Holzeinschlag oder Verjüngung) spätestens zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten bei der Forstbehörde angezeigt werden muss. Regelmäßig kann die Zweiwochenfrist verstreichen. Ein behördlicher Eingriff wäre aber möglich. Die zentrale staatliche Forstaufsicht wird somit überwiegend digital mit Hilfe von Formularen erreicht. Die Walddaten stehen jedem Waldbesitzer für seine Flächen auf Internetplattformen zur Verfügung.

Der finnische Staatsforstbetrieb (Metsähallitus) bewirtschaftet mit seinen verschiedenen Betriebsteilen rund 30 % des gesamten finnischen Waldes. Wir haben das Team in Nurmes mit einer Zuständigkeit für 180.000 ha Waldfläche besucht, wovon 135.000 ha Holzboden mit jährlichem Holzeinschlag von 420.000 Fm bewirtschaftet werden. Dafür stehen 12 private Harvester-Forwarder-Gespanne über feste Verträge und weitere 5 zeitweilig, beispielsweise für den gerade aufzuarbeitenden großen Schneebruch auf 12.000 ha, zur Verfügung. Das Holz wird aus 1.000 ha Endnutzungen und 4.500 ha Pflegebeständen geworben. Kahlhiebe sind bis zu 3 ha zulässig. Die anfallende Kahlhiebsfläche wird innerhalb von 2-3 Jahren wieder bepflanzt.

Die Holznutzung steht im Mittelpunkt der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung in Nordkarelien. So basieren die Energieversorgung zu 70 % und die reine Stromerzeugung zu 45 % auf Holz, das gegenüber fossilen Brennstoffen steuerfrei genutzt werden kann.

Einen guten Eindruck in die finnische Schnittholzindustrie konnten wir im Sägewerk in Kuhmo (890.000 m³ Jahreseinschnitt, 80 % Kiefer, 140 Mitarbeiter) mit weltweitem Export (270.000 m³ Schnittholz) auf einer  Dünnholzstrecke (Mindestzopf 8 cm) und einer Normalholzstrecke ab 15 cm Zopf gewinnen. Auf Grundlage einer allseitigen lasergesteuerten Rundholzvermessung wird die optimale Schnittholzausbeute bereits zu Beginn der Fließkette für nachfolgende Arbeitsschritte und Sortierung festgelegt. Das Sägewerk deckt durch seine Rinden- und Hackschnitzel gespeiste Kraftwärmekopplungsanlage noch einen großen Teil des Energiebedarfs der Stadt. In Finnland wird das Rohholz zu 99 % maschinell geerntet, dieses zu 57 % über Harvester- und zu 21 % über Werkseingangsmaß vermarktet.

Der Besuch von StoraEnso in Joensuu rundete den Einblick in die finnische Säge- und Zellstoffindustrie ab, mit dessen allumfassenden Produktpalette und zukunftsweisenden Netzwerkarbeit der Forst und Holzwirtschaft, Forschung, Holzbau und Architektur.

Unsere Unterkünfte in drei Holzhäusern hatte Edda Henze bei Anni Korhonen in Puukarin bei Valtimo organisiert. Herausragend waren die Gastfreundschaft und das überreiche Angebot von durchweg aus regionalen Zutaten in der eigenen Küche zubereiteten Speisen. Die finnische Rauchsauna war selbst für passionierte Saunagänger ein besonderes Erlebnis. Eine Abkühlung direkt in dem angrenzenden See rundet das Saunaerlebnis ab.

Die forstliche Berufsausbildung wurde uns durch die Bildungseinrichtung Riveria in gezeigt, welche in ganz Nordkarelien 13 Ausbildungsstätten anbietet für 100 Berufe mit 17.000 Lehrlingen, davon 6.000 in Vollzeit. Ca. 400 Lehrlinge werden in der forstlichen Ausbildungsstätte in Valtimo innerhalb von drei Jahren überwiegend als Forsttechniker ausgebildet. Der Ausbildungsmaschinenpark umfasst 14 Harvester, 18 Forwarder, 4 schwere Bagger und 4 Holztransport-LKW. Die ersten Schritte erlernen die Lehrlinge auf von der Forstschule Valtimo vorwiegend selbst- und weiterentwickelten Simulatoren.

Zum Ende der Woche erwanderten wir zwei Nationalparke. Im Koli NP genossen wir einen grandiosen Blick von einem Felsmassiv in 350 Metern Höhe über den weit ausufernden Pielinensee mit vielen kleinen Inseln. Der krönende Abschluss war der Aufenthalt im Hiidenportii NP. In einer gemütlichen Wanderung von 5 km über Wurzeln, Moorplankenwege und viele Felsen gelangten wir in eine malerische Schlucht.

Täglich bestaunten wir aufs Neue die endlosen finnischen Wälder, nur unterbrochen durch zahllose Seen und verstreute Siedlungen mit bunten Holzhäuschen. Ebenfalls sehr eindrucksvoll war der uneingeschränkte Handy-Empfang selbst in der letzten Ecke eines weit von der Zivilisation entfernt liegenden Nationalparks … ein Traum (oder doch Albtraum) für den deutschen Förster.

Autoren: Die Reisegruppe

Alle Fotos (siehe auch unten): Robert Born