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BFV-Exkursion in die Colbitz-Letzlinger Heide

Die großflächige Colbitz-Letzlinger-Heide – ein Natura 2000 – Gebiet -  ist Bestandteil des Truppenübungsplatzes Altmark, der mit einer Fläche von ca. 23.000 ha zu den größten Übungsplätzen der Bundeswehr zählt. Er liegt ca. 40 km nördlich der Landeshauptstadt Magdeburg zwischen den Städten Haldensleben, Gardelegen und Stendal im Norden achsen-Anhalts.

Die militärische Erschließung des ehemals bewaldeten Gebietes begann 1934 durch das Dritte Reich und dessen Militär. Die in der Heide befindlichen Dörfer Schnöggersburg, Sachlau und Paxförde mussten 1936 zwecks Anlage des Truppenübungsplatzes aufgegeben werden. Auf dem Truppenübungsplatz wurde eine 30 km lange Schießbahn für die Heeresversuchsanstalt Hillersleben angelegt. Ab 1936 erprobte  die Wehrmacht hier ihre  Artillerie- und Panzerabwehrwaffen, u.a. auch das größte jemals eingesetzte Geschütz Dora.

Von 1945 bis 1994 nutzte die Sowjetarmee das Territorium als Waffen- und Munitionstestgelände. Zeitweise waren auf dem Platz bis zu 20.000 Soldarten stationiert. Während dieser Zeit wurden rund 80 % des Waldes abgeholzt.

Nach dem Abzug der GUS-Truppen übernahm 1994 die Bundeswehr den Platz und beräumte ihn bis 2007 vollständig von alter Munition. Seit 2000 wird das Areal durch das Gefechtsübungszentrum (GÜZ) Heer der Bundeswehr genutzt. Das Zentrum ist eine Ausbildungseinrichtung zur Übung des Gefechts der verbundenen Waffen und zur Übung der Aufgaben im erweiterten Einsatzspektrum des Heeres. Es bietet optimale Voraussetzungen für die simulationsgestützte Ausbildung ausschließlich unter Verwendung von Lasertechnik – ohne scharfen Schuss -  für den militärischen Übungsbetrieb von Verbänden bis zur verstärkten Bataillonsgröße. Der Truppenübungsplatz wird heute an etwa 250 Tagen im Jahr genutzt, wobei in zweiwöchigen Übungsdurchgängen rd. 25.000 Soldaten pro Jahr eine Ausbildung durchlaufen – darunter auch Verbände ausländischer Streitkräfte. Das GÜZ gilt als eines der modernsten Europas. Leiter des Ausbildungszentrums mit über 1.000 Arbeitskräften ist Oberst Uwe Alexander Becker (siehe Foto).

Der Brandenburgische Forstverein bedankt sich ganz herzlich bei Oberst Becker, dass er sich die Zeit genommen hat, uns im Rahmen eines interessanten Vortrages in die militärische Entstehungsgeschichte des Truppenübungsplatzes einzuführen und uns die aktuelle Brisanz der militärischen Ausbildungsaufgaben und –abläufe des Gefechtsübungsplatzes darzustellen.     

Herrn Oberst Becker war es auch besonders wichtig herauszustellen, dass der Truppenübungsplatz als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet und als ausgewiesenes Vogelschutzgebiet Teil des europäischen Schutzgebietsnetzes NATURA 2000 ist. Naturschutz durch militärische Nutzung ist hier das Ergebnis einer vorbildlichen Zusammenarbeit des GÜZ mit dem Bundeswehr-Dienstleistungszentrum und dem Bundesforstbetrieb Nördliches Sachsen-Anhalt. Auf den Dienstliegenschaften der Bundeswehr ist der Bundesforstbetrieb zuständig für die Betreuung der Wälder, während die Fachleute des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums in enger Zusammenarbeit das Offenland betreuen.

Das FFH-Gebiet Colbitz-Letzlinger Heide erfasst das größte zusammenhängende und unzerschnittene Heidegebiet Mitteleuropas.

Geprägt wird das FFH-Gebiet überwiegend durch den Lebensraumtyp Trockene europäische Heiden. Dazwischen liegen mosaikartig Bestände weiterer FFH-relevanter Lebensraumtypen - Binnendünen mit offenen Grasflächen und Dünen mit Heidekraut und Ginsterheiden.

Um einen reibungslosen militärischen Übungsbetrieb unter Verwendung der Lasertechnik zu gewährleisten, ist es erforderlich, auf dem zentralen ca. 11.000 ha großen Bereich des Truppenübungsplatzes den Gehölzaufwuchs zu reduzieren. Unter Aussparung von wenigen Baumgruppen, die für einen längeren Zeitraum erhalten bleiben, werden die Flächen in Abständen gemulcht oder gebrannt. Eindrucksvoll und facettenreich schilderten die zuständigen Revierleiter des Bundesforstbetriebes Herr Schulze und Herr Wille den Exkursionsteilnehmern die Herausforderungen ihrer Arbeit als umfassender Dienstleister für die Bundeswehr unter Beachtung der naturschutzfachlichen Anforderungen sowie einer nachhaltigen, zwar nutzerorientierten aber naturgemäßen Betreuung und Bewirtschaftung des Bundewaldes. 

Auf den weiten, offenen Flächen des Truppenübungsplatzes mit den in den Randlagen stockenden Wäldern hat sich eine bemerkenswerte natürliche Vielfalt angesiedelt. Aufgrund der nutzungsbedingten Strukturvielfalt ist eine artenreiche Fledermausfauna anzutreffen. Die offenen, trockenen Habitate werden von Zauneidechse und Schlingnatter besiedelt. Die großen waldfreien Flächen mit offenen Sandheiden und die ausgedehnten Gehölzsukzessionsstadien besitzen eine große Wertigkeit für zahlreiche Brutvögel (z.B. Ziegenmelker, Wiedehopf, Heidelerche, Raubwürger u.v.m.).        

Herr Wille führt unsere Exkursionsgruppe an den Südrand der Heide. Dort befindet sich mit ca. 188 ha Fläche der größte zusammenhängende Lindenwald Europas. Die einmalige Größe ist standortbedingt und basiert auf der günstigen tonhaltigen Bodenstruktur. Das Waldbild wird von den erhaltenen 180-200 jährigen Winterlinden geprägt. Die natürliche Baumartenzusammensetzung besteht aus Winterlinde, Traubeneiche und Hainbuche.

Der Lindenreichtum führte schon 1907 und 1939 zur Ausweisung eines Naturschutzgebietes. Nach 1945 fand aufgrund der Lage des Waldes im Sperrgebiet keine forstwirtschaftliche Nutzung mehr statt. Bis zum Jahre 1986 war der Lindenwald Bestandteil des militärischen Sperrgebietes. Im Sommer 1990 wurde durch die Colbitzer Bürgerinitiative zur Rekultivierung der Colbitz-Letzlinger Heide ein 3 bis 4 km langer Wanderweg angelegt, so dass der Colbitzer Lindenwald mit  seiner Einmaligkeit in Deutschland für den Waldbesucher und auch die Mitglieder des Brandenburgischen Forstvereins erlebbar ist.

Die Teilnehmer der Exkursion bedanken sich ganz herzlich bei Frau Ute Steinke als Vorstandsmitglied und den Kollegen des Bundesforstbetriebes Nördliches Sachsen-Anhalt für die Organisation dieser aufschlussreichen und kurzweiligen Exkursion mit wunderschönen Weitblicken und dem Einblick in ein forstliches Leistungs- und Aufgabenspektrum, dass sich an den Zielsetzungen der Liegenschaftsnutzer orientiert und damit eine bedarfsgerechte und nachhaltige Liegenschaftsbetreuung gewährleistet. Vielen Dank!   

Constanze Simon

Foto (mit Oberst Becker): Uta Steinke