Sehr geehrte Frau Staatsministerin Kaniber!
Der Bayerische Forstverein und seine Vorsitzende wenden sich in Sorge um den Wald an Sie als Forstministerin.
Auf der Homepage des Bayerischen Jagdverbandes ist der Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Bayerischen Jagdgesetzes veröffentlicht. Er datiert vom 4.12.2024. Der Entwurf verspricht u.a. einen Beitrag zum Bürokratieabbau rund um die Abschussplanung und befasst sich mit dem möglichen Abschuss geschützter Tierarten wie Wölfen.
Im o.g. Referentenentwurf wird festgestellt, dass es der behördlichen Steuerung der Abschussplanung (vornehmlich für Rehwild), auf dem vor bald 40 Jahren eingeführten Forstlichen Gutachten basierend, nicht gelinge, die Rehwildbestände in der überwiegenden Anzahl der Jagdreviere Bayerns auf ein waldverträgliches Maß zu senken.
Das stimmt leider so, aber um in der Mehrzahl der bayerischen Hegegemeinschaften das Prädikat „günstig“ oder „tragbar“ zu erreichen, um die Zahl der Rehwildunfälle auf bayerischen Straßen zu verringern, dem Rehwild Stress aufgrund zu dicht besetzter Lebensräume zu ersparen und um die natürliche Verjüngung gemischter, stabiler und zukunftsfähiger Wälder ohne Zaun und andere künstliche Schutzmaßnahmen zu ermöglichen, setzen sich die Beteiligten, die Grundeigentümer, Jagdgenossenschaften, Jäger und die Behörden bereits seit Jahren eigenverantwortlich zusammen und stellen - meist einvernehmlich - die Abschusspläne auf.
Schlagworte wie „Eigenverantwortung“ und „Bürokratieabbau“, die in dem Referentenentwurf verwendet werden, können den Wäldern im Klimawandel nicht helfen. Auch ein Mehr an Fördergeldern kann es nicht. Es sind angepasste Rehwildbestände, wo es sie gibt auch angepasste Rot- und Gamswildbestände, die unsere Wälder in Bayern zukunftsfähig machen.
Die Vegetationsgutachten sind das geeignete Instrument, den Beteiligten objektiv vor Augen zu führen, wie es um die Verjüngung der Wälder bestellt ist. Daran darf nicht gerüttelt werden. Wir werden von vielen Nachbarn im In- und Ausland darum beneidet!
Wo Waldbesitzer, Jäger und Behörden seit Jahren gut zusammenarbeiten, gibt es bei der Umsetzung dieser Vegetationsgutachten keine Probleme. Zahlreiche mit ausreichenden Anteilen von Mischbaumarten dem Äser des Wildes entwachsene Flächen, geförderte Naturverjüngungen oder auch Pflanzungen ohne teuere Schutzmaßnahmen, sind Beweise für ein gutes Miteinander, für aktive Jäger.
Daher ist die im Referentenentwurf vorgeschlagene Änderung des Jagdrechtes unter Punkt 19 zu Art. 32 des Bayerischen Jagdgesetzes weder notwendig noch sinnvoll. Wichtig ist, die Abschussvorgaben zu vollziehen, zu kontrollieren, und in „roten“ Hegegemeinschaften Mindestabschüsse durchzusetzen, z.B. über körperlichen Nachweis erlegter Rehe.
Eine Harmonisierung der Jagdzeiten, wie in anderen Bundesländern bereits erfolgreich eingeführt, könnte den Wildtieren den beinahe ganzjährig spürbaren Jagddruck nehmen und Wild auch wieder sichtbar machen. Davon ist in dem Referentenentwurf nichts zu finden.
Was in dem Entwurf aber zur Entnahme europarechtlich geschützter Tierarten ausgeführt ist, ist ein fragwürdiger Versuch, Natur- und Artenschutz auszuhöhlen und wird sicherlich von Naturschutzbehörden und -verbänden aufgegriffen.
Mit großer Sorge sieht der Forstverein den Referentenentwurf zur Novelle des Bayerischen Jagdgesetzes. Der Forstverein wendet sich an Sie, sehr geehrte Frau Staatsministerin, und fordert Sie auf, dieser Novelle nicht zuzustimmen.
Wälder sind Daseinsvorsorge!
Ihre
Gudula Lermer
Der Forstverein setzt sich seit Jahrzehnten dafür ein, den Waldeigentümerinnen und Waldeigentümern das zu ermöglichen, was ihnen gesetzlich zusteht, die natürliche Verjüngung gemischter, stabiler und zukunftsfähiger Wälder ohne Zaun und andere künstliche Schutzmaßnahmen. Der Forstverein wird auch nicht müde, immer wieder zu erklären, dass das nicht nur im Interesse der Waldbesitzer ist, sondern im Interesse des Gemeinwohls. Nur ein gesunder, klimastabiler, gemischter Wald kann die vielen Funktionen erfüllen, die alle von ihm brauchen, wie Schutz vor Lawinen und Erdrutschen, vor Hochwasser sowie den Schutz des Trinkwassers, des Klimas und der Biodiversität. Auch die in erheblichem Umfang eingesetzten Steuermittel für die finanzielle Förderung von Pflanz- und Wildschutzmaßnahmen verlangen angepasste Rehwildbestände. Der Grundsatz „Wald vor Wild“ bringt es verkürzt auf den Punkt und darf nicht ausgehebelt werden.