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Seit 1899 im Einsatz für den Wald

Position des Brandenburgischen Forstvereins zum Umgang mit dem Waldbegriff im Zuge der Tesla-Ansiedlung

Das Jahr 2019 endet im Land Brandenburg mit einer spektakulären Meldung. Der US-amerikanische Autobauer Tesla will in Brandenburg, in der märkischen Gemeinde Grünheide, nahe der Stadt Erkner eine Giga-Factory mit einem angekündigten Investitionsvolumen von 4 Milliarden € errichten. Vor den Toren Berlins sollen in naher Zukunft jährlich eine halbe Millionen Elektroautos vom Band rollen und 12.000 Angestellte beschäftigt werden. Damit wird in Brandenburg die größte Industrieansiedlung seit der politischen Wende vor 30 Jahren erwartet. An dieser Stelle soll keine Wertung zur geplanten Industrieansiedlung erfolgen. Dieser Beitrag soll sich einzig und allein mit der öffentlichen Darstellung des Waldes befassen.

In der Bevölkerung rief Empörung hervor, dass – parallel zum laufenden Genehmigungsverfahren – im Rahmen des vorzeitigen Maßnahmebeginns dem Vorhabenträger gestattet wurde, bereits 90 ha Waldfläche zu roden und das Bodenplanum herzustellen. Die Rodung weiterer 60 ha Waldfläche soll im Herbst folgen. Gegen die Rodung hatten der Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern und der Brandenburger Landesverband der Grünen Liga Eilanträge gestellt, welche in zweiter Instanz durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg abgewiesen wurden.

In der Berichterstattung in den Medien wurde der Wald systematisch schlechtgeredet. Begriffe wie Wirtschaftswald, Monokulturen und Kiefernplantagen kursierten in der Öffentlichkeit. Tesla-Chef Elon Musk twitterte nach Meldung des Tagesspiegels am 27. Januar: „Außerdem, das ist kein natürlicher Wald – er ist angepflanzt worden für die Papierherstellung, und nur ein kleiner Teil wird für die Giga-Factory verwendet.“

Der Kiefernanteil in Brandenburg liegt bei rund 70 %. Nicht nur das Kriegsgeschehen hinterließ in der Region Brandenburgs riesige Zerstörungen, auch die folgenden Reparationshiebe für die Besatzungsmächte zeichneten die brandenburgischen Wälder schwer. Die sich anschließende Wiederaufforstung der weitläufigen Kahlflächen ist vor allem den fleißigen Waldarbeiterinnen zu verdanken und heute als große Pioniertat zu bewerten. Nachfolgende würdigende Worte fanden die Autoren Timo Sievers und Dr. Friedhart Knolle in ihrem Beitrag „Die Reparationshiebe der Engländer in den Wäldern des Westharzes nach 1945“ (Quelle: Unser Harz 58(4+5): 86–89, Clausthal-Zellerfeld 2010): „Welche politische und gesellschaftliche Bedeutung die Wiederaufforstung der deutschen Wälder nach dem Zweiten Weltkrieg hatte, verdeutlicht das westdeutsche 50-Pfennig-Stück. Die kniende Frau, die eine Eiche pflanzt, ist in Zeiten des Euros schon fast vergessen. Eine höhere Wertschätzung konnte dieser so wichtigen Arbeit damals wohl kaum gegeben werden. Die Aufforstung der Wälder war jedoch ein schwieriges Unterfangen, da es sowohl an Saatgut als auch an Pflanzgeräten mangelte und die finanziellen Möglichkeiten begrenzt waren.“ Für die Wiederaufforstung der märkischen Wälder war damals nicht die Eiche, sondern die Kiefer die Baumart der Wahl. Mit ihr hatte die Region bereits seit 150 Jahren der stetigen Wiederbewaldung seit den großen Wüstungen des 18. Jahrhunderts Erfahrungen gesammelt. Die Kiefer eignet sich aufgrund ihrer breiten Standortamplitude für die heimischen nährkraftschwachen Sandböden und das kontinentale Klima.

Mit Kenntnis der geschichtlichen Ereignisse unter Beachtung gesellschaftspolitischer Rahmenbedingungen sollten wir diesen damals begründeten Waldbeständen – heute 50, 60 oder 70 Jahre alt – mit mehr Demut begegnen und die Arbeit ehrbarer Förster- und Waldarbeitergenerationen nicht minder wertschätzen, indem wir die Waldbestände mit heutigem Wissensstand als ökologisch minderwertige, instabile Monokulturen abstrafen.

Derartige Einschätzungen führen bei Planungsvorhaben z. B. in Ausübung der kommunalen Planungshoheit nur allzu schnell dazu, dass die beschriebenen Nachkriegsbestände als vermeintlich wertlose Kiefernbestände gerne überplant werden, und das, obwohl die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Brandenburg u. a. die Ziele formuliert, die natürlichen Ressourcen in Brandenburg schonend zu nutzen und den Flächenverbrauch durch nachhaltiges Bauen zu reduzieren. Das Baugesetzbuch unterstützt diese Kernbotschaft der Nachhaltigkeitsidee und schreibt im § 1a Abs. 2 vor, dass mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden soll. Sofern mit Planungen in sensible Bereiche – wie z. B. Waldflächen – gegangen wird, muss nach dem gesetzlichen Grundsatz der Planungsträger den Nachweis führen, dass alle alternativen Standorte (z. B. Sanierungsstandorte, Brachflächenkataster, Innenstadtkataster) abgeprüft wurden. Dieses auch vor dem Hintergrund, dass z. B. die Überlagerung von Waldflächen mit einer anderen Nutzungsart nach § 14 (1) Bundesnaturschutzgesetz einen Eingriffstatbestand darstellt und der Planungsträger damit dem Vermeidungsgrundsatz unterliegt, d. h., es muss nachgewiesen werden, dass das geplante Vorhaben auf anderen Nichtwaldflächen nicht umsetzbar ist.

Anhand der aufgezählten Paragraphen wird deutlich, dass der Gesetzgeber im Wald ein schützenswertes Gut sieht. Anliegen der heutigen Förstergeneration sollte es sein, gemäß unserem gesetzlichen Auftrag mit den Waldbeständen ökonomisch, sozial nachhaltig und ökologisch sinnvoll zu wirtschaften und ihnen im Zuge des Waldumbaus die notwendige Stabilität in Zeiten sich verändernder ökologischer Rahmenbedingungen im Zuge des Klimawandels zu geben. Auch unsere Enkelkinder müssen einen gesunden Wald vorfinden, der ausreichend Holz für eine stoffliche Verwertung liefert, Arbeitsort für viele Menschen im ländlichen Raum und der angeschlossenen Industrie ist sowie Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen.

Vorstand des Brandenburgischen Forstvereins e. V.